Sexualisierte Diskriminierung

Die Frauenbeauftragte und das Rektorat der Hochschule für Musik Hanns Eisler haben die Broschüre „Nein heißt Nein“ mit Informationen zu sexualisierter Belästigung, Diskriminierung und Gewalt herausgegeben. Sie möchte alle Studierenden, Lehrenden und Beschäftigten ermutigen, Grenzverletzungen zu vermeiden, sofort anzusprechen und unmissverständlich das eigene Bedürfnis nach Abstand deutlich zu machen und aktiv gegen sexualisierte Diskriminierung anzugehen. Alle Kolleginnen, Kollegen sowie Studentinnen und Studenten sind aufgefordert, betroffene Frauen oder Männer zu unterstützen. Ziel ist ein Klima der Gleichberechtigung und Solidarität an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin (HfM), in dem sich alle angstfrei und ohne Einschränkung bewegen und entwickeln können.

Häufig ist von sexueller Belästigung die Rede. Sexuelle Belästigung beginnt dort, wo Grenzen überschritten werden. Es ist ein geschlechtsbezogenes Verhalten, das als respektlos, verletzend und demütigend empfunden wird und generell und/oder im Einzelfall als nicht erwünscht erklärt worden ist. Es ist stets ein einseitiges Verhalten. Damit unterscheidet es sich grundlegend von Flirts, bei denen Blicke, Komplimente usw. ausgetauscht und erwidert werden. Sexuelle Belästigung hat wenig mit Sexualität zu tun, stattdessen viel mit dem Macht- und Kontrollbedürfnis der übergriffigen Personen. Der bewusste Missbrauch von Macht z. B. einer Lehrperson kann von einer Studentin oder einem Studenten als psychische Gewalt wahrgenommen werden. Die Bezeichnung „Belästigung“ klingt harmlos, im Sinne von „lästig“. Doch es geht um ein Verhalten, das einen Angriff auf die Würde des Gegenübers darstellt. Insofern ist die Bezeichnung „sexualisierte Diskriminierung und Gewalt“ angemessener und wird im Folgenden verwendet.

Was genau sexualisierte Diskriminierung und Gewalt umfasst und was nicht, bestimmt allein die Person, die sich belästigt und diskriminiert fühlt. Hierzu zählen viele, oft auch subtile, Verhaltensweisen und Handlungen wie zum Beispiel:

  • entwürdigende sexualisierte Bemerkungen über Personen oder deren Körper  
  • sexuell herabwürdigende Gesten oder Verhaltensweisen  
  • anzügliche Witze  
  • Zeigen pornographischer Darstellungen  
  • unnötige Berührungen und unerwünschte Körperkontakte  
  • Annäherungsversuche, insbesondere solche, die mit dem Versprechen von Vorteilen oder dem Androhen von Nachteilen einhergehen  
  • unerwünschte Einladungen, Briefe oder Telefongespräche mit eindeutiger Absicht  
  • Stalking  
  • sexuelle und körperliche Übergriffe bis hin zu Vergewaltigungen

An einer Musikhochschule besteht zwischen der Lehrperson und den Studentinnen und Studenten aufgrund des einzigartigen Ausbildungsverhältnisses im Einzelunterricht eine ganz besondere persönliche Nähe. Denn zwei Personen kommen regelmäßig zusammen und beschäftigen sich intensiv miteinander auf relativ engem Raum. Dabei ist die Beschäftigung mit dem Körper unabdingbar, z.B. bei Lockerungsübungen, Atmungstechniken, Körper- und Fingerhaltungen, oder Körperpräsenz für den Auftritt. Berührungen durch die Lehrperson finden häufig und oft selbstverständlich statt.

Der Übergang zwischen unbefangenem Körperkontakt und einer Grenzverletzung ist fließend. Klar ist, hier trägt die Lehrperson die Verantwortung und sollte immer mal wieder thematisieren, wie in der eigenen Lehr-Lern-Beziehung mit Nähe und Distanz umgegangen wird.

Soweit für den Musikunterricht Körperberührungen erforderlich sind, sollten diese begründet und auf das Notwendige beschränkt werden. Als Lehrperson sollten Sie vorher fragen, ob Sie Ihre Studentin oder Ihren Studenten anfassen dürfen. Dies darf keine rhetorische Floskel sein. Warten Sie eine Antwort ab und achten Sie dabei auch auf die nonverbalen Körperreaktionen.

Wenn jemand das Gefühl hat, sexuell diskriminiert oder belästigt zu werden, ist zunächst ein Gespräch mit einer Vertrauensperson wichtig. Es ist hilfreich, schon beim ersten Mal mit jemandem zu sprechen, um die Situation besser einordnen zu können. Möglicherweise liegt ein Missverständnis vor und die Situation kann zu einem frühen Zeitpunkt aufgeklärt werden. Je früher Sie eine Grenzüberschreitung thematisieren, desto schneller erhalten Sie Klarheit. Um Ihre Situation zu verbessern, sollten Sie der belästigenden Person deutlich sagen, dass Sie ihr Verhalten als respektlos und grenzverletzend empfinden. Für dieses Gespräch können Sie sich Unterstützung holen, zum Beispiel durch die Frauenbeauftragte, die Sie auf Wunsch auch begleitet oder auf die beschuldigte Person zugeht und ihr in anonymisierter Form die Vorwürfe mitteilt. Sie können auch eine Beschwerde bei der Hochschulleitung einreichen. In Absprache mit der betroffenen Person können nach einer Beratung und/oder Beschwerde verschiedene Maßnahmen gegen den Täter oder die Täterin ergriffen werden. Solche sind zum Beispiel:

  • Schriftliche Abmahnung
  • Durchführung eines formellen Dienstgespräches
  • Einleitung eines Disziplinarverfahrens
  • Versetzung bzw. Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb der Hochschule
  • Fristgerechte oder fristlose Kündigung
  • Ausschluss von einer Lehrveranstaltung
  • Hausverbot
  • Strafanzeige

Alle Lehrenden an einer Musikhochschule haben ein besonderes Vertrauens- und Autoritätsverhältnis gegenüber den Studentinnen und Studenten. Sie gelten als Vorbild oder gar als Idol. Die Laufbahn der Studierenden ist auch davon abhängig, wie weit die Lehrperson sie fördert. Damit und durch die große Verehrung und Idealisierung der Lehrperson kann eine starke Abhängigkeitsbeziehung entstehen. Diese Position darf nicht missbraucht werden. Dazu gehört, stets respektvoll, achtsam und verantwortungsbewusst mit Nähe und Distanz umzugehen und die individuellen Grenzempfindungen der jungen Musikerinnen und Musiker wahr- und ernstzunehmen. Sie müssen sich auf die Vertrauenswürdigkeit und den Schutz der Lehrenden verlassen können.

Grundsätzlich sind alle Personen mit Leitungs- und Aufsichtsfunktionen verpflichtet, jeglicher Form von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt entgegenzuwirken, Hinweisen ohne Ausnahme nachzugehen und bei Vorliegen eines Verdachtes geeignete Maßnahmen zu ergreifen bzw. die zuständigen Stellen zu informieren. In akuten Situationen sollte die Polizei alarmiert werden. Alle Mitglieder der Hochschule tragen Verantwortung für einen fairen Umgang und eine gute Arbeitsatmosphäre ohne Grenzverletzungen und sexualisierte Diskriminierung.

Aus Angst, als prüde, empfindlich oder humorlos zu gelten, verleugnen oder beschönigen viele Betroffene sexualisierte Diskriminierung. Übergriffe zu ignorieren ist jedoch keine effektive Umgangsweise mit sexueller Belästigung und wird außerdem häufig als Zustimmung gewertet. Auch vermeintlich schlagfertige oder scherzhafte Entgegnungen sind wenig erfolgreich, denn sie können als der Beginn eines Flirts interpretiert werden. Betroffene sollten mit deutlichen Worten und eindeutiger Körpersprache klare Verhältnisse schaffen:

  • Warten Sie nicht darauf, dass das Fehlverhalten von allein aufhört!
  • Sagen und zeigen Sie deutlich, dass Sie das gezeigte Verhalten nicht akzeptieren!
  • Bleiben Sie nicht allein! Hilfreich ist, sich mit anderen Studentinnen und Studenten auszutauschen, die bei derselben Lehrperson Unterricht nehmen, um zu erfahren, ob es typische, immer wiederkehrende Verhaltensmuster sind.
  • Sprechen Sie mit Menschen Ihres Vertrauens und wenden Sie sich an die zuständigen Beratungsstellen!
  • Dokumentieren Sie sexuelle Belästigung zeitnah und schriftlich, mit Angabe von den Umständen, Ort und Zeit und mit wem Sie darüber bereits gesprochen haben!
  • Sammeln Sie Beweise wie z.B. Briefe, E-Mails, Bilder, Geschenke, SMS-Nachrichten usw.

Wenn Sie eine Situation als unangenehm empfinden oder diffuse Ängste haben, sollten Sie dies ernst nehmen. In einem Gespräch mit einer Person Ihres Vertrauens können Sie die Situation reflektieren, weitere Schritte besprechen und konkrete Unterstützung erhalten. Sie können sich an die Frauenbeauftragte, das Vertrauensteam der Hochschule oder direkt an die Hochschulleitung wenden. Dabei können Sie sicher sein, dass Ihre Angaben vertraulich behandelt und ohne Ihre Zustimmung keine Schritte unternommen werden. Welche Maßnahmen Sie ergreifen möchten, entscheiden Sie selbst! Außerdem gibt es in Berlin viele Beratungsstellen, an die Sie sich vertraulich wenden können. Eine Auswahl finden Sie in der Broschüre.

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