Deutschlandstipendiatin von 2019 bis 2021
Felicia „Fee“ Brembeck wurde 1994 in München geboren. Bereits als Kind erhielt sie Geigenunterricht und sang im Kinderchor der Bayerischen Staatsoper. Ihren ersten Gesangsunterricht bekam sie mit 15 Jahren von Tanja d‘Althann als Stipendiatin der Bayerischen Singakademie. Ihren ersten solistischen Auftritt hatte sie am Staatstheater am Gärtnerplatz in der Kinderoper „Arche Noah“. Mit dem Landesjugendchor sang sie unter namenhaften Dirigenten wie Peter Dijkstra oder Mariss Jansons sowie erfolgreich in Chorwettbewerben, Film- und CD-Produktionen.
Felicia Brembeck studierte zunächst Germanistik und evangelische Theologie in München. Seit 2012 tritt sie auf Poetry Slam Bühnen auf. 2013 wurde sie deutschsprachige Meisterin im Poetry Slam in der Kategorie U20. Sie zählt zu den bekanntesten deutschen Poetry Slammerinnen und reist mit ihren Texten durch Deutschland, Österreich, Luxemburg und die Schweiz. 2015 erschien ihr Jugendbuch „#textgold – Mach Fehler!" im Oetinger-Verlag und 2016 erhielt sie den Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung. Im Herbst 2019 erschien ihre Textsammlung „Feeminismus” im Lektora-Verlag. Felicia Brembeck ist Stamm- und Gründungsmitglied der Münchner Kabarett- und Leseshow „Die Stützen der Gesellschaft” und tritt bei Formaten wie Nightwash, dem NDR Comedy Contest oder dem Vereinsheim Schwabing im Fernsehen auf. Mit der Pianistin Marlene Heiß gründete sie gemeinsam „AGORÀ – Kunstlied meets Poetry Slam”. Sie engagiert sich im Vorstand der SLAM ALPHAS, einem gemeinnützigen Verein zur Förderung von Mädchen* und Frauen* auf Bühnen.
Derzeit studiert die Sopranistin im 5. Semester Bachelor Gesang an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin bei Prof. Christine Schäfer sowie in der Liedklasse von Prof. Wolfram Rieger. Wichtige musikalische Impulse erhielt sie außerdem von Susanne Kelling, Daniela Sindram, Juanita Lascarro, Karola Theill und Annette Dasch.
Solistisch war Felicia Brembeck im ehemaligen Berliner Stummfilmtheater Delphi in der Hochschulproduktion „Die Fledermaus“ von Johann Strauss sowie mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg und der Jungen Philharmonie Brandenburg zu hören. Seit Oktober 2019 erhält sie das Deutschlandstipendium.
Was waren Ihre ersten Berührungspunkte mit Musik und wie hat Sie die Musik seit Ihrer Kindheit und Jugend bis heute begleitet?
Mein Vater ist Berufsmusiker, ich bin unter einem Flügel aufgewachsen! Als kleines Kind lag ich oft unter dem Flügel und habe zugehört, wie mein Vater geübt, unterrichtet oder mit Sänger*innen gearbeitet hat. Als ich mit fünf Jahren im Fernsehen eine Kinderoper gesehen habe, wusste ich: „Das will ich machen!“ In der Oper kann man schauspielern und singen. Ich war schließlich jahrelang im Kinderopernchor an der Bayrischen Staatsoper, habe die großen Stars sehr nah miterlebt und wusste gar nicht so richtig, wie besonders das eigentlich ist. Mit 15 habe ich angefangen professionellen Gesangsunterricht zu nehmen. Ich war im Landesjugendchor, wurde dort gefördert, hatte auch szenischen Unterricht und bekam einen Vorgeschmack, wie ein Studium sein könnte. Über den kleinen Umweg mit dem Lehramtsstudium bin ich jetzt endlich hier.
Sie sind erste Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins „SLAM ALPHAS“. Wieso engagieren Sie sich dort?
Ich bin flammende Feministin. Je mehr Erfahrungen ich im Bereich Poetry Slam gesammelt habe, desto bewusster wurde mir, dass ich als Frau eine andere Position habe. Vieles hätte ich mit dem männlichen Geschlecht nicht erlebt.
Die Slamszene ist etwas übersichtlicher als die des klassischen Gesangs. Ich kenne dort alle Akteur*innen. Den Verein habe ich nicht gegründet, aber es lag sehr nahe, sich zu vernetzen und zu schauen, was man in der Slamszene eigentlich tun kann, um die Position von Frauen* zu verbessern und uns untereinander zu solidarisieren. Jetzt zeigt sich zunehmend, wie wichtig es war, den Verein zu gründen. Viele Strukturen kann man nur durchbrechen, wenn man selbst strukturiert und selbstorganisiert auftritt.
Was macht der Verein?
Wir haben eine Webseite, auf der alle Künstlerinnen* auf einer Karte verortet sind. Das ist ein tolles Tool, um Line-Ups diverser gestalten zu können. Außerdem stellen wir auf unseren Social Media-Kanälen regelmäßig Poetinnen* vor. Wir haben einen Blog, auf dem weibliche Stimmen Gehör finden und auf dem wir uns mit spezifischen Themen, beispielsweise Slam und Sexismus, auseinandersetzen. Wir helfen bei Missbrauch, vermitteln Beratungsstellen oder übernehmen Anwaltskosten. Damit Slammerinnen* ihre Rechte in jeder Hinsicht wahrnehmen können, sammeln wir Spenden.
Ich bemerke viele Parallelen zum klassischen Gesang, ich glaube, wir bräuchten in dem Bereich dringend etwas Vergleichbares. Auch wenn ich in dieser Szene noch nicht professionell unterwegs bin, merke ich oft, dass eine bessere Selbstorganisation von Sängerinnen* sehr hilfreich wäre und viele Missstände verhindern würde.
Sie sind Mitbegründerin des Musikvermittlungsprojekts „AGORÀ – Kunstlied meets Poetry Slam“. Worum geht es?
Agorá bringt das klassische Kunstlied mit moderner Slampoesie zusammen. Ein Liedduo trifft auf eine(n) Poet*in. Das Liedduo trägt ein Kunstlied zu einem bestimmten Thema vor und der/die Poet*in einen selbstgeschriebenen Text. Das Publikum entscheidet, wer das Thema besser umgesetzt hat. Das klingt sehr nach Wettkampf, ist aber mehr ein spielerisches Element.
Für uns ist es das Schönste, das wir so zwei Zielgruppen erreichen können, es ist also wirklich ein Musikvermittlungsprojekt. Nach den Veranstaltungen kommen oft junge Leute zu uns, die noch nie Kunstlied oder überhaupt klassische Musik bewusst gehört haben und dann wahnsinnig begeistert sind. Oder ältere Personen sind überrascht von der Kreativität der jungen Slampoet*innen und davon, dass sie eigentlich das Gleiche machen, was früher ein Heine oder eine Bachmann gemacht hat.
Was bedeutet das Studium an der HfM für Sie?
Das Studium an der HfM ist eine Traumerfüllung. Seit ich 15 bin, wollte ich an die Eisler. Viele Musiker*innen, die ich toll finde, haben an der HfM studiert oder unterrichten hier. Ich bin sehr glücklich mit meiner Professorin und über die vielen Angebote und Nebenfächer, die diese Hochschule bietet. Das Kulturprogramm in Berlin ist vielfältig und es gibt viele Möglichkeiten selbst aufzutreten und Kontakte zu knüpfen. Schon im Studium mit fantastischen Instrumentalist*innen auf so einem hohem Niveau zu musizieren, empfinde ich als großes Privileg.
Wie sieht eine gewöhnliche Woche bei Ihnen aus?
In einer normalen Woche gibt es mindestens einen Tag, an dem ich aus dem Unterricht herausstürme, um einen Zug zu einem Auftritt zu erwischen. Am nächsten Morgen nehme ich dann früh wieder einen Zug zurück, um wieder hier zu sein. Während der Fahrten oder zwischen Unterrichten schreibe ich oft einen Text oder ich muss meine E-Mails beantworten, Telefonate führen. Das ist schon mindestens eine Doppelbelastung. Und gerade was Singen betrifft, ist es wichtig, dass man ausgeruht, fokussiert und konzentriert ist. Das ist manchmal noch herausfordernd für mich. Ich hoffe, dass meine Auftritte in Zukunft häufiger am Wochenende stattfinden und ich dafür so gut bezahlt werde, dass ich unter der Woche nicht mehr auftreten muss.
Wobei hilft Ihnen das Deutschlandstipendium?
Ich finde, dass es mehr Möglichkeiten geben sollte, Menschen in einem Musikstudium zu unterstützen, vor allem wenn man den Weg nicht so geradlinig aus der Schule heraus mit reichem Elternhaus in die Musikhochschule gegangen ist. Bei Künstlerpersönlichkeiten ist es vielleicht sogar logisch, dass sie einen Umweg machen oder auch einfach mehr Erfahrung brauchen, bis sie hier ankommen. Gerade deshalb bin ich sehr dankbar, dass das Deutschlandstipendium offener gestaltet ist. Es kann nicht meinen Job ersetzen, dafür sind die Mieten in Berlin zu teuer, aber es nimmt psychisch den Druck, zumindest ein bisschen. Bei mir deckt das Stipendium genau Krankenkasse und Strom ab. Dadurch kann ich ein oder zwei Auftritte im Monat weglassen. Es lässt mir mehr Raum, mich auf das Studium zu konzentrieren.
(Stand: November 2019)